Flutschäden in Rheinbach, Anna Peters und Georg Wilmers

Aufbauhilfe: Ein langer und steiniger Weg bis zur Bewilligung

Von der Antragstellung bis zum Bewilligungsbescheid hat der flutgeschädigte Rheinbacher Georg Wilmers seinen Antrag auf Aufbauhilfe dokumentiert. SPD-Landtagskandidatin Anna Peters sprach mit ihm über technische Probleme und bürokratische Hürden bei der Beantragung:

Seit dem 17. September 2021 können Flutbetroffene in einem eigens dafür eingerichteten Portal der Landesregierung Anträge auf Aufbauhilfe stellen. Rund 12 Milliarden Euro liegen in NRW für Geschädigte nach der Unwetterkatastrophe bereit. Geld, das auch viele Flutbetroffene in Swisttal, Weilerswist, Rheinbach und der Region dringend brauchen, um die oft kostenintensiven Arbeiten und Reparaturen am Haus bezahlen zu können.

Anna Peters: „Die schwarz-gelbe Landesregierung hat den Menschen in NRW eine schnelle und unbürokratische Hilfe versprochen. Ein halbes Jahr nach der Flut ist die Realität für die allermeisten Betroffenen eine andere. In vielen Gesprächen erfahre ich, dass Anträge aufgrund der komplizierten Antragstellung im Internet noch gar nicht gestellt wurden oder die Betroffenen seit Monaten auf die Bewilligung warten. Lieber Georg, du gehörst zu denen, die kürzlich einen Bewilligungsbescheid erhalten haben. Erzähl doch mal, wie war dein Weg bis zur Bewilligung?

Georg Wilmers: „Ich habe an die schnelle und unbürokratische Hilfe geglaubt und sehr früh einen entsprechenden Antrag sowohl für einen Hausratschaden wie für einen Gebäudeschaden gestellt, was technisch schwierig war. Danach passierte 9,5 Wochen zunächst nichts. Dann wurden Unterlagen nachgefordert. Nachdem ich die hochgeladen hatte, wurde Aufbauhilfe für den Hausratschaden wie den Gebäudeschaden wie beantragt 3 Wochen später bewilligt.

Anna Peters: „Welche Probleme hattest du bei der Antragstellung. Und noch wichtiger: Wie hast du diese gelöst?“

Georg Wilmers: „Direkt am ersten Tag habe ich versucht, im Portal einen Antrag zu stellen. Den Antrag konnte ich aber erst nach drei Tagen erfolgreich versenden, nachdem ich Kontakt mit dem Ministerium aufgenommen hatte und ein Mitarbeiter mit mir zusammen in einem Telefonat die technischen Probleme ermittelte und Versuche zur Lösung unternahm, was nach einiger Zeit zum Erfolg führte. Ich fühlte mich als Versuchskaninchen für eine Software, die offenbar vorher nicht getestet wurde. Zwischenzeitlich wurde nachgearbeitet, das Antragsformular im Portal wurde verändert und dürfte nun besser funktionieren. Wenig tröstlich für die, die am Anfang ihre Anträge nicht stellen konnten, weil die digitale Antragstellung schlecht gemacht war.
9,5 Wochen nach Antragstellung wurde eine Kopie des Personalausweises als Wohnnachweis und ein Grundbuchauszug als Eigentumsnachweis angefordert. Außerdem eine Auflistung des durch die Flut zerstörten Hausrats. Hätte man in der Schritt-für-Schritt-Anleitung des Ministeriums gesagt, dass diese Dokumente dem Antrag beizufügen sind, hätte ich das direkt getan. In der Anleitung steht dies aber bis heute nicht, man muss nur die Ausweis- und Grundstücksdaten aus den Dokumenten und die Höhe des Hausratschadens im Antragsformular angeben. Immerhin steht jetzt im Antragsformular der Hinweis, dass man eine Kopie des Ausweises hochladen soll; von einer Kopie des Grundbuchauszuges steht dort aber bis heute nichts. 

Georg Wilmers und Anna Peters in Rheinbach

Anna Peters: „Pünktlich zu Weihnachten hast du die Bewilligung deines Antrags erhalten. Herzlichen Glückwunsch dazu! Welches Fazit kannst du nun für dich ziehen?

Georg Wilmers: „Die Aufbauhilfe wurde zwar im beantragten Umfang gewährt, aber schnelle und unbürokratische Hilfe sieht anders aus. Nach 9,5 Wochen erstmals auf den Antrag zu regieren, ist nicht schnell. Im Bescheid steht zwar als Datum der Antragstellung der 01.12.2021. Das war der Tag, an dem ich die nachgeforderten Unterlagen hochgeladen habe. Von da aus gesehen waren es weitere 3 Wochen bis zum Bescheid. Vielleicht tauchen in einer Statistik zur Bearbeitungsdauer „auf dem Papier“ jetzt nur diese drei Wochen auf. In der Realität waren es insgesamt über 3 Monate. Nach 9.5 Wochen relativ unverständlich Unterlagen anzufordern, die man bis heute nicht als erforderlich in der Schritt-für-Schritt-Anleitung angibt, ist nicht unbürokratisch.

Die Beratung vor Ort ist gut, die Software hatte zumindest zu Beginn deutliche Schwächen. Das Ministerium ist immer noch nicht in der Lage, in den Anleitungen klar und verständlich zu sagen, welche Unterlagen benötigt werden. Die Bezirksregierung konnte in ihrem Schreiben zur Nachforderung von Unterlagen nicht klar sagen, was sie an Unterlagen verlangt. Was die Bezirksregierung will, konnte mir die Beratungshilfe vor Ort sagen. Da hätte man doch gleich besser die Antragstellung vor Ort abwickeln können, statt die Betroffenen zu einer schlecht gemachten Lösung im Internet zu zwingen.

Anna Peters: „Danke für deine Einschätzung und den Einblick. Das, was du beschreibst, macht mich ehrlich besorgt. Du bist Volljurist und hast dich tief in das Thema eingearbeitet und dennoch war die Antragstellung auch für dich eine Herausforderung. Wie soll es denn da Betroffenen gehen, die sich schwer tun mit Behördendeutsch und Antragsformularen im Internet? Oder erwerbstätigen und voll ausgelasteten jungen Familien, die schlichtweg nicht die Zeit haben, sich in die Feinheiten der Antragstellung detailliert einzuarbeiten? Ich habe auch schon hier und da von Betroffenen gehört, die auf einen Antrag bisher verzichtet haben, weil es ihnen einfach zu viel Aufwand ist und Zeit frisst, die sie im Alltag gar nicht haben. Ich sehe da ein echtes soziales Problem, trotz der guten Vor-Ort-Beratungsmöglichkeit, die es auch im Rhein-Sieg-Kreis gibt. Der bürokratische Aufwand dürfte vor allem jene abschrecken, denen die sozialen und zeitlichen Ressourcen fehlen, um den Antrag korrekt auszufüllen, wie zum Beispiel alleinstehende Ältere oder Menschen mit Sprachbarrieren. Da kann ich nur wieder und wieder an das Land appellieren, hier endlich weiter nachzubessern und die bürokratischen Hürden auf ein nötiges Minimum zu reduzieren!

Lieber Georg, danke für das gute Gespräch! Und wer mehr über Georgs erfolgreichen Antrag erfahren möchte, kann auf seiner Website alles Nötige finden, inkl. wichtigen Tipps und anschaulichem Beispiel.